Mieten früher und heute

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in den Städten große Wohnungsnot. Viele Gebäude waren durch den Krieg zerstört. In die Städte kamen Heimatvertriebene, die zusätzlich dringend Wohnraum benötigten. Der Aufschwung nach der Währungsreform und die wachsende Industrie in den 50er-Jahren führten zur Ansiedlung von neuen Arbeitskräften im Süden des Landes, die ebenfalls Wohnraum benötigten.

In dieser Zeit errichtete die Südhausbau viele neue Wohnungen unter der Vorgabe, schnell und kostengünstig zu bauen. Heute, 70 Jahre später, sind diese Wohnungen immer noch das Zuhause einer großen Anzahl von Menschen.

Wie hat sich das Wohnen über all die Jahre verändert? Welche Wünsche und Aspekte sind heute für die Mieter wichtiger als früher?

Wohnungsbelegung

Während in der Nachkriegszeit überwiegend Familien mit mehreren Kindern in die 2-3-Zimmerwohnungen einzogen, tendiert die Haushaltsgröße heute stärker zu Singlehaushalten und Paaren ohne Kinder. Insgesamt hat der Wohnflächenbedarf pro Kopf in den letzten 70 Jahren deutlich zugenommen und die Anzahl der Bewohner pro Wohneinheit ist gesunken.

Heizung

Bei der Errichtung der Gebäude wurde mit Öl- oder Kohleöfen geheizt. Es gab für die Zimmer einzelne Feuerstellen und Kamine. Manchmal versorgte nur das Wohnzimmer die Wohnung mit Wärme. Heizkörper waren selten vorhanden. Der Brennstoff musste von den Mietern selbst aus dem Keller in die Wohnung geschafft werden. Das Heizen auf diese Weise war wenig effektiv und belastete die Stadtluft schwer. Nach der großen Ölkrise in den 70er-Jahren wurden größtenteils in den Wohnanlagen im Rahmen einer Modernisierungsoffensive Zentralheizungen eingebaut, was den Wohnkomfort deutlich steigerte. Auch reduzierte sich mit der Zentralheizung die Brand­gefahr.

 

Während die alten Ofenrohre Temperaturen um die 250 Grad Celsius und mehr entwickelten, entstehen selbst beim Abgasrohr der Zentralheizung relativ niedrige Abgastemperaturen, so gehen von diesen selten Brände aus.
Für einige Mieter war dieser technische Fortschritt noch ungewohnt und so berichtet unsere langjährige Mitarbeiterin Frau Christ aus Augsburg eine Anekdote:

„Nach dem Einbau der Heizzentralen war es ein großes Dilemma für unsere älteren Mieter. Sie verstanden nicht, dass sie alle Heizkörper im Winter aufdrehen sollen. Sie saßen dann mit dicker Jacke und Schal an den Heizungsrohren (die auf Putz durch die Wohnung gehen), um sich zu wärmen, damit Heizkosten gespart wurden. Es erforderte viel Überzeugungskunst, den älteren Mietern dies zu erklären.“

Inzwischen steht wieder ein neuer Schritt hinsichtlich der Wärmeversorgung an: Anstelle von Erdöl wird vielfach Erdgas oder Fernwärme eingesetzt. Neue Formen der regenerativen Wärmeversorgung mit Wärmepumpen und Solarthermie gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Fenster

Bei der Erstausstattung der Gebäude waren die Fenster noch aus Holz mit einer Einfachverglasung. Natürlich war hier der Energieverlust deutlich größer als heute. Anfang der 90er-Jahre wurden in vielen Gebäuden die alten Holzfenster durch Kunststofffenster getauscht. Werden heute von uns Wohnanlagen modernisiert, so sind wir inzwischen bei der Dreifachverglasung angelangt.

Badezimmer

In den alten Bädern waren oftmals aus Platzgründen Sitzbadewannen eingebaut. Inzwischen werden sie im Zuge einer Wohnungssanierung bei Badezimmern mit geringer Raumfläche durch eine Einbaudusche ersetzt. Anstatt wöchentlich zu baden, duschen viele Mieter lieber täglich.

Die Fliesenverkleidung ging früher nur bis zu einer Höhe von 1,50 m, weil die durchschnittliche Bevölkerung etwas kleiner war als heute. Ab den 80er-Jahren war es dann üblich, die Fliesen in den Bädern bis zur Höhe des Türstocks zu verlegen.

Küchen

Bei der Errichtung der Gebäude wurde eine Küchenausstattung zur Verfügung gestellt. Das Minimum war ein Herd und eine Einbauspüle. Teilweise wurden die Küchen auch mit handgeschreinerten Küchenschränken ausgestattet. Bis vor 10 Jahren konnten die Küchen (Spüle/Herd) bei den Erstmietern noch bewundert werden, teilweise derart auf Hochglanz poliert, dass der Stahl wie neu glänzte. Zur Kühlung der Speisen gab es Nischen in der Außenwand mit Lüftungsschlitzen oder spezielle Abstellräume als Vorratskammern.

Inzwischen ist eine Küchenausstattung auf dem freien Wohnungsmarkt nicht mehr Vorschrift. Viele Mieter haben eigene Einrichtungswünsche und bauen sich deshalb gerne selbst die passende Küche ein.

Telefon, Fernsehen und Freisprechanlagen

Fast jeder nutzt heute Internet. Der ursprüngliche Telefonanschluss im Flur wird bei Wohnungsmodernisierungen deshalb durch WLAN oder Multimedia-Anschlüsse in allen Zimmern ersetzt.

In den 50er- und 60er-Jahren war der eigene Fernseher sowie Telefonanschluss noch Luxus. Inzwischen steht zum Glück beides der Mehrheit der Bevölkerung zur Verfügung. Anstelle der ursprünglichen drei bis fünf Programme gibt es dank Breitbandkabelversorgung, Internet oder Satellitenübertragung eine große Anzahl an Sendern.

Der Haus-/Wohnungseingang war einfach gehalten und so stand mitunter ein ungebetener Gast nach dem Klingeln schnell in der Tür. Inzwischen kann man sich dank einer (Video-)Gegensprechanlage informieren, wer am Eingang wartet.

 

 

Aufzüge und Balkone

Mit Blick auf den demografischen Wandel wurden zu Beginn des neuen Jahrtausends viele vier- bis fünfstöckige Wohnanlagen mit Aufzügen ausgestattet. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach einem eigenen Freisitz in der Sonne. In vielen Wohnanlagen wurden Balkonanbauten nachgerüstet.

Freiflächen

Vor 40 Jahren galt ein perfekt gepflegter englischer Rasen noch als Visitenkarte für die Wohnanlage. Heute haben wir eine andere Vorstellung von Freiraumgestaltung. Die großen Wäschespinnen in der Mitte der Wiese sind überwiegend verschwunden und der Rasen darf betreten werden. Unser Baumbestand in den Wohnanlagen hat sich in den Jahren hervorragend entwickelt und gut gestaltete Spielplätze, Sitzgruppen und Fahrradabstellflächen sind inzwischen Standard geworden. Die einfachen Tonnenhäuser wurden von überdachten Müllräumen abgelöst.

 

Natürlich wird immer noch Rasen gemäht und Frau Christ erinnert sich an ihren Vater, der schon als örtlicher Hausverwalter für die Südhausbau tätig war:

„Mein Vater hatte damals einen Rasenmäher mit zwei Scherenmessern, ohne Sitz und Auffangbehälter. Das gemähte Gras musste anschließend zusammengerecht und mit einer Schubkarre abtransportiert werden. Diese Zeit nutzten wir als Kinder, um uns mit dem gemähten Gras ein „Haus“ zu bauen, in dem wir „Mutter, Vater und Kind“ spielen konnten. Als „Essen“ dienten uns Blätter und Beeren.

Für den „alten“ Spielplatz gab es noch keine Kontrollen und er war super zum Klettern und um „Turnübungen“ zu veranstalten. Wenn wir es als Kinder übertrieben haben und uns eine Verletzung zuzogen, dann hieß es immer: „Pass beim nächsten Mal besser auf!“

Es gab in der Wohnanlage einen allgemeinen Arzt, der kleine und große Wunden versorgte. Für uns Kinder hatte er immer Zeit, ein kleines Pflaster für aufgeschlagene Knie oder Ellenbogen und schon war alles nicht mehr so schlimm. Diese „Behandlungen“ machte der Arzt immer kostenlos.“

Während zur Zeit der Errichtung der Wohnanlagen nur wenige Mieter ein Auto besaßen, nahm die Motorisierung in den nachfolgenden Jahrzehnten enorm zu. Immer mehr Freifläche wurde den Autos in Form von Gargenhöfen und Abstellflächen zugesprochen. Ab den 90er-Jahren erkannte man, dass die Freiräume dadurch erheblich an Aufenthaltsqualität einbüßten. So rüstete die Südhausbau die ersten Tiefgaragen in ihren Anlagen in München und Ingolstadt nach. Inzwischen stehen wir in den großen Städten vor neuen Herausforderungen. Das benzin- oder dieselbetriebene Kraftfahrzeug wird langfristig von Automobilen mit anderen Antriebsarten und von alternativen Mobilitätskonzepten abgelöst werden.

 

 

Hausmeister

In der Wohnanlage war der Hausmeister früher jeden Tag präsent. Er mähte den Rasen und führte Kleinreparaturen bei den Mietern aus. Außerdem war er die gute Seele in der Wohnanlage, sorgte für die interne Kommunikation im Haus, achtete auf die Einhaltung der Hausordnung und schlichtete manch kleine Streitereien zwischen den Mietparteien. Am Wochenende gab es einen sogenannten Jour-Dienst durch die Hausmeister, sodass für die Mieter jederzeit ein persönlicher Ansprechpartner da war. Heute gibt es in unseren Anlagen überwiegend „ÖHV-Stützpunkte“. Handwerkliche Leistungen werden oftmals an Fachfirmen übergeben. Weiterhin ist die örtliche Hausverwaltung aber erste Anlaufstelle für die Fragen und Wünsche unserer Mieter. Inzwischen sind für viele Anliegen keine persönlichen Termine in der Mietersprechstunde mehr notwendig, vielmehr können sie elektronisch kommuniziert werden.

Nebenkosten

In der Vergangenheit wurden die Nebenkosten überwiegend über eine Pauschale geregelt. Mit der Einführung der Betriebskostenverordnung 2004 mussten die Betriebskosten für neue Mietverhältnisse einzeln aufgelistet und belegt werden. In dem letzten Jahrzehnt sind viele ältere Mietverträge an diese gesetzlichen Vorgaben angepasst worden.

Reinigung der Treppenhäuser

Bis in die 90er-Jahre reinigten die Mieter vielerorts die Treppenhäuser selbst. Es gab einen verbindlichen Putzplan mit der Einteilung der Mieter. Oftmals übernahmen die Ehefrauen stellvertretend für die Familie diese Aufgabe. Das Thema der Treppenhausreinigung führte manchmal zu Konflikten bei den Mietparteien. Über die Jahrzehnte nahm die Erwerbstätigkeit der Frauen zu und es entstanden immer mehr Singlehaushalte. So sind immer weniger Mieter untertags in der Lage, diese Pflichten zu erfüllen. Dies führte dazu, dass fast überall auf eine professionelle Gebäudereinigung umgestellt wurde.

Vielleicht hat unsere kleine Rückschau nicht alle Veränderungen erfasst, aber wir konnten doch zeigen, dass unsere Mietwohnungen heute ein Stück komfortabler geworden sind und unsere Hausverwaltung sich professionalisiert hat. Sicherlich haben auch Anregungen unserer Mieterinnen und Mieter im Laufe der Zeit dazu beigetragen, dass wir uns weiterentwickeln konnten.